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Goethes Märchen
Das "Märchen“ findet sich am Ende der „Erzählungen deutscher
Ausgewanderten“. Es enstand während Goethes Freundschaft mit Schiller.
Kindern erschließt es sich, wie jedes andere, echte
Märchen, von
selbst. Das kindliche
Bewusstsein fragt nicht nach Bedeutung. Erwachsene brauchen Begriffe, um sich in den Bildern
zurechtzufinden. Goethe und Schiller hatten ihre Freude daran, die nach dem Sinn
fragenden Zeitgenossen immer neue, völlig verschiedene Interpretationen zu liefern.
Ein Schlüssel zum Verständnis des Märchens kann sein, wenn
man davon ausgeht, dass es reale Vorgänge in der Seele jedes Menschen beschreibt.
Jede Figur vertritt eine ganz bestimmte Fähigkeit in uns, die jeder mehr oder
weniger ausgebildet hat. Die Schlange zum Beispiel vertritt die an das Irdische
gebundene Seele mit ihrer Sehnsucht nach „Religio“, der Alte mit der Lampe die Gewissenskraft
oder Intuition, die Irrlichter der Intellekt, der selbst keine Weisheit
(Gold) entwickeln kann. Die drei Könige stehen für die noch verborgenen Möglichkeiten unseres
Denkens, Fühlens und Wollens, der vierte König für deren chaotische Vermischung,
der Riese für die kollektive, nicht „Ich-durchdrungene“ Gewalt der Masse, der
Jüngling schließlich für die Individualität.
Goethe verbindet alle diese "Wesen" zu einer
Vision von der Zukunft des
Menschen, der sein Schicksal selbst in die Hand nimmt und zum freien, sozialen Wesen
wird. Goethe gibt uns auf die Frage
nach der Freiheit des „ICH“ das "Märchen" , Schiller seine "Briefe zur ästhetischen Erziehung des Menschengeschlechts".
Hilfreich zum Verständnis des "Märchen" und seiner prophetischen Bedeutung sind die zahlreichen
Veröffentlichungen, Aufsätze und Vorträge, die es zum „Märchen“ gibt. Für uns
waren es u.a. die von Rudolf Steiner, Hans Endres, Frank Teichmann und Karl Spitta.
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